CO2-Toleranz Interview
CO2-Toleranz Interview

Geschrieben von Vivian Gläsel

Ich bin Physiotherapeutin seit 2014 und Gründerin von "Funktionelle Fußtherapie Vivian Gläsel". Ich bin Physio, Fußcoachin & Dozentin aus Leidenschaft und helfe Menschen, die Probleme mit ihren Füßen haben, zu einem aktiven und schmerzfreien Leben - ganz ohne Operation.
1. Juni 2021

Richtig atmen: Nasenatmung, Sauerstoff und CO₂-Toleranz

Im heutigen Interview spreche ich mit Maarten von Maartensmind.de über die Themen Luft, Sauerstoff und  CO₂-Toleranz und welche Bereiche deines Lebens du mit der richtigen Atmung positiv beeinflussen kannst.

Maarten von Maartensmind im InterviewMaarten ist Breathing und Performance Coach, arbeitet als ‘Body Based Therapeut’ und ist ein Kampfkünstler, Musik Produzent, Oxygen Advantage Instructor und Großer Fan der Kälte.
Als Speaker bricht er durch ganz Europa das Tabu auf psychische Probleme, spricht über Emotionen und verbindet sich wieder mit seinen Mitmenschen. In diesem Jahr hat Maarten sein Buch #hackingmydepression fertiggestellt, das derzeit zur Veröffentlichung vorbereitet wird.

Du kannst dir das Interview auch hier direkt in meinem Podcast anhören!

 

 

Vivi: Hallo Maarten, vielen Dank, dass du da bist. Wie schön!

Maarten: Herzlichen Dank! Danke für die Einladung und ich freue mich sehr hier zu sein. Um mich kurz vorzustellen, ich habe mich lange als Breathing und Performance Experte bezeichnet, bis ich irgendwann gedacht habe: was für ein Unsinn. Den ich tue nur eins,  und das ist, meine Faszination für Menschen, für Biologie, für Psychologie zu erforschen. Dabei kommen oft mehr Fragen als Antworten heraus. Deshalb bin ich immer weniger Experte.

Vivi: Ja stimmt. Du hast auch eine große Bandbreite an Erfahrungen, was Mental Health angeht. Ich kann das nur von außen beurteilen, weil wir uns bisher nur aus dem Internet kennen und heute das erste Mal miteinander sprechen. Deswegen ist es umso spannender, was da jetzt bei rauskommt. Vielen Dank auf jeden Fall, dass du dir die Zeit nimmst und mit uns dein Wissen teilst.

Ich kann mal einen kleinen Einstieg geben. Ich habe nämlich vor ein paar Jahren davon erfahren, dass die Nase ja da fürs Atmen da ist. Da muss ich ein bisschen lachen, weil es eigentlich offensichtlich ist. Natürlich können wir auch über den Mund atmen, aber es hat sehr viele Vorteile, über die Nase zu atmen und viele Nachteile über den Mund zu atmen. Nicht nur, weil es wichtig ist für Sportlerinnen oder Athletinnen, sondern auch für uns ganz normale Alltagshelden und -heldinnen.

Ich habe selbst als dieser Trend aufkam probiert, einfach nur durch die Nase atmend zu laufen. Also im Jogging Tempo. Das hat am Anfang natürlich nicht so toll geklappt, weil ich gewohnt bin, auch bei größeren Anstrengungen, durch den Mund zu atmen. Mittlerweile habe ich mich wirklich daran gewöhnt. Man muss dazu sagen, ich laufe nicht sehr oft und nicht sehr schnell. Aber mittlerweile ist es ganz normal für mich geworden durch die Nase zu atmen.

Ich kann mich aus der Ausbildung noch daran erinnern, es gibt  in der Nase eine bestimmte Anzahl Härchen pro Quadratzentimeter, sie sind ultra wichtig für die chemische Observation. Also ist das irgendwie gut, was ich da gerade einatmet und natürlich für das Erwärmen der Luft und fürs Filtern. Abgesehen von diesen Basisinformationen, die man sogar in einer Physiotherapie Ausbildung lernt oder vielleicht sogar im Bio Unterricht gibt es noch viel mehr dazu zu sagen. Möchtest du uns ein bisschen was davon erzählen?

Maarten: Gerne. Du hast es eigentlich schon sehr sehr schön gesagt. Die Nase hat unglaublich viele Vorteile beim Atmen. Ich bin z.B., wie ich auch vom Expertentum ein wenig weggegangen bin, bin ich auch davon weggegangen, diese Absolutismen zu bedienen. Ich habe am Anfang, als ich mich damit auseinandergesetzt hat, bin ich, wie alle Menschen am Anfang, ein wenig dogmatisch vorgegangen und habe mir selber verboten, überhaupt durch den Mund zu atmen. Letzten Endes, Atmung ist Atmung.  Atmung hat eigentlich ein ganz einfaches Ziel, nämlich Energieversorgung. Der Körper braucht Energie. Das holen wir entweder aus Nahrung oder aus Atmen bzw. aus beiden. Ohne Nahrung geht es ein paar Wochen gut. Ohne Atmung wird es ganz schnell schlimm. Deswegen atmen wir ein. Einerseits um den den Körper mit Energie zu versorgen. Wir atmen auch, weil wir was ausatmen müssen, nämlich CO2. Ein Nebenprodukt unseres Metabolismus.

Wie wir das letzten Endes machen hat einen unglaublichen Einfluss darauf, wie wir uns fühlen. Wie wir uns fühlen geht dann wiederum über, in wie wir uns körperlich fühlen, aber auch, wie wir uns geistig fühlen. Und wie gut wir mit dieser hektischen, chaotischen Welt z.B. umgehen können. Da ist für mich die Faszination viel weiter gegangen, als zu sagen: durch die Nase wird, wie du schon sagst, die Luft wird erwärmt, gefiltert von Viren und Bakterien, es wird Stickoxid freigesetzt in den Nasen Nebenhöhlen, wodurch Luft wieder einfacher in der Lunge aufgenommen wird. Es hat unglaublich viele Vorteile.

Wenn du aber zum Beispiel nur noch dogmatisch durch die Nase atmest, dann sind wir auch schon wieder einen Schritt zu weit. Es gibt absolut schöne Situationen, in denen es unglaublich hilfreich ist, einfach mal den Mund aufzureißen und durchzuatmen. Deine Atmung ist ein Werkzeug, das du benutzen kannst. Viel mehr als irgendetwas, was eigenständig einfach immer mal wieder passiert.

Vivi: Wir haben hier auf dem Blog schon das Thema Atmung auf das Bewegungs-Thema übersetzt. Wir haben schon darüber gesprochen, dass es durchaus ein Unterschied ist, ob man einfach seinen Bauch anspannt, z.B. um den Rücken zu schützen, oder ob man das ein bisschen bewusster macht und gezielter, gesteuerter mit der Anbindung der Rippen, Muskulatur an die Bauchmuskulatur und so weiter.

Mich würde vieles vom vom chemischen und physiologischen Atemzyklus interessieren. Abgesehen davon, dass wenn wir durch die Nase atmen, das Luft angefeuchtet, gefiltert und erwärmt wird, hat es eine Auswirkung, wenn wir das nicht tun. Das heißt, wenn wir nicht durch die Nase z.B. ausatmen, sondern durch den Mund, verlieren wir mehr Flüssigkeit aus unserem Körper als z.B. wenn wir durch die Nase ausatmen.

Vielleicht kennen es einige von euch, wenn ihr nachts aufwacht und euer Mund war offen. Der ganze Mund fühlt sich trocken an. Dann trinkst du erstmal sehr viel Wasser. Dieser Wasserverlust kann eingespart werden, wenn wir z.B. durch die Nase atmen würden. So ist es auch beim Sport oder bei Bewegung im Allgemeinen. Wenn wir möglichst effizient unterwegs sein wollen, dann könnten wir darauf verzichten durch den Mund zu atmen, um weniger Flüssigkeit zu verlieren, zum Beispiel.

Wäre das etwas, was uns effizienter machen würde, auch auf einer ganz normalen Ottonormalverbraucher Hobby-Sportler:innen Ebene?

Maarten: Absolut. Gerade da glaube ich. Ich arbeite z.B. sehr gerne mit mit verschiedenen Gängen oder Gears. Das ist beim Auto genauso. Es gibt den ersten Gang, zweiten Gang, dritten, vierten, fünften Gang. Der erste Gang ist diese schnelle Bewegung in erster Instanz, aber auch in die Gänge kommen und dann geht’s immer weiter. Mit den Sportlern und Sportlerinnen, mit denen ich arbeite, wird bei Gang 4 und 5 schon eine Auswahlmöglichkeit, ob man durch die Nase ein durch den Mund ausatmet oder tatsächlich ganz durch den Mund.

Die benutze ich viel weniger bei Menschen, die keinen Weltrekord im beispielsweise Sprinten brechen möchten. Sondern einfach fitter werden, sich besser fühlen möchten usw.. Wie du gesagt hast, wenn man joggen geht, kann man sehr gut 20% seiner Leistung zurücknehmen. Ich sage jetzt sehr gut, das können viele Menschen gar nicht gut. Leider.

Vivi: Weil es schwierig für die Menschen ist, quasi erst mal langsamer zu werden, “schlechter” zu werden.

Maarten: Man fühlt sich nicht so gut, weil auf einmal läuft man die 5 Kilometer nicht in 30 oder 35 Minuten, sondern in 45 Minuten. Genau das ist das Ziel und das Schöne daran. Es hat unglaublich viele Vorteile, weil du viel effizienter läufst. Dein Körper bleibt viel besser in Hydration. Du hast viel mehr Wasser im Körper, du hast mehr Versorgung, du atmest weniger schädliche Sachen ein, du hast eine ruhigere Herzfrequenz. Dadurch ist deine Regeneration auch wiederum schneller.

Es ist ein riesen Paket, das sich verändert, wenn du dir zutraust, einfach den Mund zu zuzuhalten beim Laufen. Bei fast allen Sportarten, die wir hobbymäßig oder zum Spaß üben ist mein Credo: Mach den Mund zu und nimm dich ein wenig zurück. Das Gute ist, in acht bis zwölf Wochen kannst du sogar, wenn du das ein bisschen schlau machst, zu deiner normale Leistung wieder zurückkehren. Nur aber mit dem Mund zu.

Dadurch bist du viel besser versorgt, viel ruhiger, verletzungsfreier, das finde ich vor allem super interessant. Weil auch deine Haltung ist besser, wenn du durch die Nase atmest. Deine Aufmerksamkeit und Fokus sind besser, weil dein Herz weniger Schläge macht, mehr Energie übrig bleibt für dein Gehirn einzuschätzen, wo du bist, Zeit-Raum, diese Verhältnisse. Und deswegen verletzt man sich z.B. auch noch viel weniger, wenn man durch die Nase atmet. Das sind unglaublich interessante Studien, die das bestätigen.

Vivi: Ja, sehr interessant. Ich habe das schon mal gehört mit dieser Leistung beim Laufen und zwar von Tony Riddle. Ich weiß nicht, ob du den kennst. Das ist The Natural Lifestylist, falls ihn jemand suchen möchte auf Instagram. Er hat auch gesagt, dass er jetzt Marathondistanzen mit geschlossenem Mund laufen kann und dass es ihm vorher nicht möglich war, das ohne Trinkpausen z.B. zu machen und dass es jetzt eben funktioniert.

Maarten: Ja, genau. Lustig und interessant ist z.B. andersherum: Ich habe im Januar meinen Rennuar gemacht. Da haben wir gesagt, wir laufen jeden Tag einen Kilometer mehr. Ich bin eigentlich kein Läufer. Ich bin Kampfsportler und ich klettere viel. Ich mache alles Mögliche, aber laufen ist etwas, was ich mir eigentlich meistens spare. Und wir sind sehr weit gekommen. Wir haben das nicht zu Ende gelaufen, ber wir sind über 300 km in der Laufleistung gekommen und das alles ohne große Verletzungen, weil wir nämlich sehr praktisch gelaufen sind, weil unser Mund zu war. Es sei denn, wir hatten wirklich mal  keine Lust mehr und müssen den anderen  ein bisschen hochziehen und ein paar Wörter sagen. Sonst war es wirklich einfach ein sehr ruhiges Lauftempo.

Wir haben am 30. noch einmal den 30 gelaufen, so aus Spaß und ich bin noch nie so viel gelaufen. Da habe ich gemerkt, ich könnte sogar einen Marathon laufen. Nicht in einer Bestzeit, aber ich kann einfach sehr easy und verletzungsfrei einen Marathon laufen, weil meine Atmung so gut ist. Das war für mich einen großer Paradigmenwechsel,  zu merken, dass dein Körper sehr fit sein kann, wenn du deine Atmung verbesserst. Dass du in sehr vielen Sportarten einen großen Vorsprung hast, wenn du deine Atmung kontrollieren kannst. Das ist natürlich supercool. Gratis Sport sozusagen.

Vivi: Du hast noch etwas sehr Interessantes gesagt. Und zwar deine Haltung verändert sich, wenn du den Mund zu hast bzw. du nur durch die Nase atmest. Könntest du dazu mehr erzählen?

Maarten: Ich gehe jetzt nicht total ins Detail, aber es gibt sowas wie intraabdominellen Druck. Das ist der Druck, den du im Bauch hast, wenn Luft darin ist. Wenn du tief einatmest, egal ob durch Nase oder Mund, und du die Luft anhältst, dann spürst du Druck. Dieser Druck hilft deinem Körper quasi geradeauf zu sein.

Dein Zwerchfell, der Haupt-Atemmuskel, der unter unseren Rippen liegt und z.B. im besten Fall dafür sorgt, dass der Bauch ein wenig nach außen kommt wenn wir einatmen, dieser Muskel ist auch ein Muskel, der unsere Körper aufrecht hält. Hätten wir den nicht, würden wir wie ein Kartenhaus zusammenklappen. Er stützt einen sehr großen Teil unserer Körperhaltung. Wenn wir durch die Nase atmen, haben wir eine langsamere Frequenz, weil diese beiden Löcher viel kleiner sind aus unser Mund.

Wenn man durch den Mund ausatmet, ist die Luft weg. Durch die Nase dauert es länger.  Es gibt Widerstand, zwei bis dreimal mehr, je nachdem, wie dein Gesicht ist, wie deine Nase ist. Dadurch ist schon mal eine viel längere Phase von interabdominellem Druck da. Jetzt geht’s ein bisschen Hand in Hand. Es gibt viele kleine Faktoren. Wenn du mehr durch die Nase atmest, hast du mehr Widerstand. Dadurch trainierst du deine Atem-Muskulatur mehr, dein Zwerchfell, Interkostal, diese Muskeln zwischen deinen Rippen.

Wenn sie besser trainiert sind, können sie deine Haltung besser unterstützen, weil es nicht nur deine Rückenmuskeln sind, die dich aufrecht halten. Sonst würde es sehr, sehr sehr schwer für den Rücken werden und wir wären alle gorillamäßig unglaublich breit.

Dann gibt es noch etwas sehr wichtiges und das wird oft unterschätzt. Das ist dein Pelvic Floor, die Beckenbodenmuskulatur. Das ist dein Thema, natürlich auch sehr viel mit barfuß. Wir haben alle eher eine schwächerer Beckenbodenmuskulatur mittlerweile, weil wir viel sitzen und sie beim Atmen nicht mehr wirklich benutzen.

Eine Beckenbodenmuskulatur sollte im besten Falle beim Atmen eigentlich auch helfen, die Luft raus zu drücken. Deinen Bauch und den Bauchraum wieder kleiner zu machen, das Zwerchfell nach oben zu bewegen und die Luft raus zu drücken. Wer das gerade liest, versucht mal beim Ausatmen ein wenig unten alles zusammenzuziehen. Das ist nämlich eigentlich, was wir natürlicherweise viel mehr gemacht haben. Ausatmen, Beckenbodenmuskulatur, Zwerchfell, Interkostal. Und wenn die besser trainiert sind, flexibler sind, stärker sind, ist dein Beckenstand z.B. auch aufrechter, weil wir relativ gekippt sind.

Das ist alles genau dein Themengebiet. Wenn dein Becken wieder besser aufrecht ist, ist dein Oberkörper mehr aufrecht und dadurch ist deine Laufhaltung wieder besser, weil dein Gewicht verteilt ist. Wie vier Kartons oder fünf aufeinander. Wenn sie schön mittig aufeinander stehen, ist diese Gesamtstruktur stark. Wenn wir das Becken gekippt haben, stehen die Kartons so versetzt, dass bestimmte Muskeln, und ich glaub, jetzt mal ganz einfach gesagt, Knieschmerzen beim Laufen haben sehr viel mit deiner Atemmuskulatur zu tun. Weil deine Knie eine Aufgabe kriegen, der sie gar nicht gewachsen sind. Da kommen Probleme bei und wenn du besser atmest, kannst du ruhiger, länger, verletzungsfrei laufen. Die Welt ist einfach geiler, wenn man besser atmet.

Vivi: Ja genau. Ja, sehr cool. Also ich glaube, dass es auch einfach wichtig zu verstehen ist, dass es nicht nur so ein Blabla ist wenn wir sagen, alles im Körper gehört irgendwie zusammen oder agiert in verschiedenen Synergien. Also das sich alles gegenseitig bedingt. Es gibt nämlich auch noch die Muskulatur von unter der Zunge. Und das hat auch etwas mit der Atmung zu tun und natürlich auch mit der Nackenmuskulatur und die wiederum natürlich mit dem Rücken und der Haltung.

Ich hatte eine Kinderärztin in der Ausbildung, die hat immer gesagt: “Diaphragmen gehören alle zusammen. Und dazu gehören auch der Kiefer, das Zwerchfell, der Beckenboden und die Füße. Also die Plantarfaszie. Diaphragmen lieben es, gespannt zu sein”. Sie hat den Nacken mit reingenommen und ich finde es sehr spannend, dass selbst eine Kinderärztin, sehr viele coole ganzheitliche Ansätze damals schon hatte.  Vielen Dank, dass du das mit der Atmung noch auf die Haltung ausgeweitet hast.

Maarten: Ich lese viele Studien, ich lese sehr viele Sachen, ich interessiere mich unglaublich für Atmung und finde es faszinierend. Ich finde, Kinderärzte sollten alles über Atmung wissen, weil es gibt nämlich diese Wesen, die, wenn sie geboren werden, die ersten paar Jahre ihres Lebens Weltmeister im Atmen sind.

Meine Tochter ist wie ein Kugelfisch. Ihr ganzer Körper geht auf, die Interkostalmuskulatur zwischen den Rippen z.B. ist noch so flexibel, dass sie in jede Richtung drei Zentimeter größer wird, wenn sie ohne Mühe, ohne Schultern, ohne Nackenn, ohne irgendetwas einatmet. Wenn sie auf meinem Bauch liegt und gegen mein Kinn spüre ich ihr Cranio Pump, also diese Oberdecke am Kopf sozusagen, die auch mit atmet. Das ist Wahnsinn und was super interessant ist, vielleicht gar nicht interessant für jeden, aber für mich und für dich: ab etwa dem vierten Lebensjahr verändert sich diese Atmung.

Und das hat damit zu tun, dass Kinder in die Schule gehen, den ganzen Tag auf einem Stuhl sitzen und anfangen ihre Eltern zu imitieren, die sehr oft seufzen, gähnen, Mund aufhaben usw.. Das verändert sich schlagartig ab diesem Alter wenn Kinder in die Schule kommen. Ich finde das interessant, finde es auch sehr traurig, weil ich denke ich will nicht, dass meine Tochter das erlebt. Deswegen soll sie nicht in die Schule, oder wir gucken mal. Aber vor allem Kinderärzte sollten sich wenigstens sehr gut mit Atmung auskennen. Das ist unglaublich interessant.

Vivi: Ja, es erinnert mich an eine Besser-Sitzen-Challenge, die ich letztes Jahr und vorletztes Jahr auf Instagram gemacht habe. Da haben wir mal die Zuschauenden und Eltern gebeten zu überlegen, wie viel ihr Kind eigentlich sitzt pro Tag. Und selbst wenn es noch ganz klein ist, muss man sich überlegen, das Kind sitzt mindestens für jede Mahlzeit. Also Kinder essen ja mehr als drei Mahlzeiten.

Das Kind sitzt womöglich im Kinderwagen, das Kind sitzt, um ein Buch vorgelesen zu bekommen. Das Kind sitzt beim Zähneputzen, bla bla bla. Ein Kind sitzt unfassbar viel. Und wenn es dann noch in den Kindergarten kommt, und es dort den Stuhlkreis gibt Aktivitäten im sitzen,usw.. Das ist alles durch Stühle und Tische sehr viel bequemer gemacht worden, sodass man natürlich dann auch länger sitzt als und Kind vielleicht einfach sitzen würde. Das ist auf jeden Fall etwas zum Nachdenken für alle die Kinder haben oder mit ihnen arbeiten.

Maarten: Wir haben Zuhause sehr wenig Stühle. Wir streiten uns auch schon mal darüber in der Family mit meiner Frau, aber ich habe meiner Tochter erlaubt, herumzulaufen, Purzelbäume zu machen und immer mal wieder ein wenig zu essen. Was nicht nur dafür sorgt, dass sie sehr wenig jammert beim Essen, sondern auch dafür sorgt, dass sie sich nicht daran gewöhnt ständig zu sitzen. Sie sitzt eigentlich relativ wenig. Sie ist sehr viel in der Hocke und das ist eine wahnsinns Hocke. Sie darf zu mir kommen wenn sie hunger hat und bekommt dann was. Aber es geht auch im Stehen, im Sitzen, auf dem Boden, im Liegen. Sie darft so essen, wie sie möchte. Mal gucken, wie die Schule darauf reagiert. Irgendwann. Aber wir haben noch Zeit.

Vivi: Ja, genau. Also ich habe es jetzt sehr verallgemeinert ausgedrückt, um aufzuzeigen, wie viele Situationen es in einem Kinderleben gibt in den ersten 2 bis 5 Jahren und vor dem Kindergarten.

Ich würde gerne noch von dir erfahren, was es mit dem Thema CO-2 Toleranz auf sich hat. Um es kurz zu erklären, ich stolpere immer wieder über Aussagen, wie “Ich habe einfach zu wenig Sauerstoff”. Und ich glaube, viele Menschen wissen gar nicht, dass wir nicht bei einem Atemzug irgendwie 100%Sauerstoff einatmen und auch nicht 100% von dem, was in der Atemluft ist, tatsächlich aufnehmen.

Die zweite Sache ist, können wir ein bisschen mehr Toleranz haben für CO2 bitte. Was hat es für Vorteile und Nachteile?

Maarten: Also es ist sehr interessant. Wofür ich stehe ist, dass wir nicht mehr sagen: CO2, Kohlenstoffdioxid, ist ein Abfallprodukt unseres Metabolismus. In den medizinischen Lehrbüchern steht “Abfallprodukt”, müsste es raus. Dabei ist CO2 ein unglaublich wichtiges Gas in unserem Körper und hat sehr, sehr sehr viele Rollen. Eine wichtige davon ist, das sind kleine Paradigmenwechsel, oder es ist ein wenig paradox, aber CO2 unterstützt unseren Körper dabei Sauerstoff aufzunehmen.

Das sieht folgendermaßen aus: Wir haben in unserem Blut ein Protein. Hämoglobin, das ist ein Eisenprotein, das Sauerstoff transportieren kann. Und ich sage immer in meinen Workshops: Hämoglobin ist diese kleine Bimmelbahn, die es in jeder Stadt gibt. Eine Bimmelbahn mit einem Herrn mit Schnörres, der das Ding fährt. Dann gibt’s immer einen Waggon dahinter, wo vier Personen Platz nehmen können. Sauerstoff ist jetzt diese Familie, die setzt sich in den Zug. Einmal vier, nochmal vier, nochmal vier, nochmal vier. Ganze Familien in der Reihe und dieser Zug fährt los. Die fahren um die Ecke und da steht ein Pirat, nämlich CO-2. Der steht da alleine mit seinem Schwert und sagt: Geht aus dem Zug, ich will da rein. Und diese ganzen Familien sehen einen Pirat und denken:  was willst du denn eigentlich? Wir bleiben schön sitzen.

Wenn dieser Pirat jetzt aber seine ganzen Freunde holt, und das sind sehr viele, dann sind sehr viele Piraten mit Schwertern und Augenklappen usw.. Und die ganzen Familien steigen aus dem Zug aus, damit CO2 da schön einsteigen kann und die als Bande von der Bimmelbahn noch ein bisschen weitergefahren werden.

So passiert das in unserem Blut auch. Der Sauerstoff, der durch das Hämoglobin transportiert wird, wird erst abgegeben, oder wird erst losgelassen, wenn ausreichend CO2 da ist. Was heißt das jetzt konkret?

Das heißt, wenn wir jetzt messen würden, wie viel Sauerstoff wir aufnehmen, mit z.B. Impuls Oxy Meter. Das ein Gerät, das macht man an den Finger und es sagt dir, wie gesättigt dein Blut mit Sauerstoff ist. Wenn du das an einen Finger machen würdest und du würdest fünf Minuten lang sehr viel atmen, dann wirst du sehen, und das ist super interessant, dass dein Blut weniger sauerstoffreich wird, weil das Hämoglobin den Sauerstoff nicht abgibt, weil du die ganze Zeit CO2 ausatmest ist.

Bei jedem Ausatmen wirst du CO2 los. Du brauchst aber CO2 um Sauerstoff abzugeben. Was heißt das jetzt  ganz konkret? Wenn du dieses gleiche Gerät an deinem Finger hast und du atmest aus und atmest nicht mehr ein und wartest, dann gibt’s einen Moment, wo das ganz kurz hochgeht. Dann gibt’s einen Moment, wo die Sauerstoffsättigung kurz runtergeht. Und wenn du danach wieder einfach entspannt weiter atmest, besteht da eine gute Chance, dass Sättigung die bei 98-99% liegt. Weil das Hämoglobin sehr viel CO2 aushalten musste, und dadurch Sauerstoff abgegeben hat.

Das heißt nochmal vereinfachter, wenn du Atemnot spürst, hast du eigentlich ausreichend Sauerstoff. Macht das Sinn?

Vivi: Es hört sich ein bisschen paradox an.

Maarten: Genau. Das ist so die Sache. Wie erkennen wir jetzt, ob wir ausreichend Sauerstoff aufnehmen und so weiter. Prinzipiell ist es so, dass wenn du weniger atmest, dass wenn du zum Beispiel, wir sagen jetzt mal: man setzt sich hin und misst pro Minute, wie oft, du schreibst das mal auf, Strichliste, wie oft atme ich eigentlich ein oder aus. Und du kommst auf achtmal pro Minute. Wenn du von diesen acht jetzt auf sechsmal oder fünfmal gehst, wirst du spüren, dass dein Gehirn sagt: Ich krieg nicht genug Sauerstoff. Das ist jetzt weniger als ich gewohnt bin.

Lustigerweise, das ist der Paradox, hast du aber mehr Sauerstoff. Wenn du deinen Atem anhältst, gibt dein Körper irgendwann ein Signal, dass du wieder atmen musst. Das ist entweder ein bisschen zucken, das ist das Zwerchfell, das kontrahiert. Diese Krämpfe kennt man vielleicht von einem Tauchgang, wo man so ein bisschen weiter geschwommen ist, als man möchte. Das sind ein bisschen panische Gedanken und so weiter.

Das sind deine Chemorezeptoren, oder Chemosensoren. Das sind kleine Messgeräte in deinem Körper und die messen ständig, wieviel CO2 anwesend ist. Wenn du ausatmest und deinen Atem anhältst, muss CO2 nur um ein ganz kleines bisschen ansteigen. Zwei bis fünf Millimeter Quecksilbersäule sagen wir, um diese Panikattacken nennen wir es mal, auszulösen. Sauerstoff dahingegen muss erst um 50% runterfahren, also viel mehr, er muss viel geringer werden, bevor dein Körper überhaupt darauf reagiert. Und das heißt, wir reagieren eigentlich fast ausschließlich auf CO2.

Vivi: Deshalb sprechen wir von einer CO2 Toleranz, weil der Körper mit diesem Training, wofür ihr weiter unten eine Übung findet, weshalb wir eben den Körper darauf trainieren wollen, toleranter für höhere CO2-Level zu werden.

Maarten: Genau. Ich sage in meinen Workshops oft, du kannst eigentlich kaum mehr Sauerstoff aufnehmen. In den 90ern gab es mal solche Sauerstoff Bars, wo man an kleinen Theken saß und mit zwei Dingern in der Nase puren Sauerstof geatmet hat. Da kommen wir zu dem was du gesagt hast, wir atmen kaum Sauerstoff, weil in unserer Atmosphäre von allem was wir einatmen ist glaube ich nur 10% Sauerstoff.

Vivi: Ich hatte auch im Kopf irgendwie 14%, aber es ist wirklich schon lange her.

Maarten: Das kann sogar ziemlich genau sein. Aber es ist wenig, und davon nehmen wir auch nur nochmal weniger als die Hälfte auf, und atmen auch wieder Sauerstoff aus. Das heißt, wir sagen mal so, wir atmen etwa 3,8 Prozent Sauerstoff. Der Rest sind ganz andere Sachen, die in unserer Atmosphäre sind. Wir brauchen gar nicht so viel Sauerstoff und Atmen hat ihr viel mehr mit CO2, mit Kohlenstoffdioxid zu tun, als mit Sauerstoff.

Du kannst kaum mehr Sauerstoff atmen. Was du aber machen kannst, ist weniger sensibel werden für CO2. Denn wenn du weniger sensibel auf CO2 reagierst, dann passieren magische Sachen. Dann kannst du nämlich deine Leistung steigern. Du kannst abnehmen, du kannst weniger Panikattacken haben, du kannst besser mit Stresssituationen umgehen, du kannst besser schlafen, du kannst dich besser fokussieren. Es ist wirklich wahnsinnig, was passiert, wenn deine CO-2 Toleranz höher wird.  Da geht eine Tür auf in eine Welt, die mich bis heute noch begeistert.

Vivi: Ich habe gerade nebenbei ein bisschen gegoogelt und zwar ist die Verteilung von den Gasen prozentual anscheinend Stickstoff das Meiste mit 78,08% und Sauerstoff mehr als wir gesagt haben, 20,95%,  dann ist noch ein bisschen Argon drin und noch ganz wenig Kohlenstoffdioxid.

Maarten: Wahnsinn. Aber genau, es ist mehr, aber trotzdem atmen wir eigentlich gar nicht so viel Sauerstoff.

Vivi: Wir atmen ein 21% Sauerstoff und atmen aus 17%.

Maarten: Das ist Wahnsinn. Wenn man sich das überlegt, das sind 4% Sauerstoff. Unser Körper ist schon unglaublich effizient. Er braucht eigentlich so wenig. Und wenn wir mit CO2 besser umgehen können, dann wird’s richtig, richtig, richtig interessant. Sowohl körperlich, als vor allem auch psychisch. Das finde ich unglaublich interessant daran.

Vivi: Vielen Dank! Das ist alles richtig spannend. Ich würde jetzt noch ganz gerne ein oder zwei oder vielleicht sogar drei Tipps mitgeben, wenn du welche hast. Ich dachte gerade an einen ganz easy Tipp für mehr CO2 Toleranz:

Ihr könnt z.B. immer auf dem Nachhauseweg von der Arbeit oder sonst irgendwie auf einem Spaziergang versuchen, an einer bestimmten Stelle auszuatmen und dann nicht mehr einzuatmen, und einfach weiter zu gehen. Ganz gemütlich und entspannt und dann zu schauen bis zu welchem Baum, oder wie lange, kann ich ohne Probleme, ohne wieder einzuatmen weiter gehen. Da kann man tatsächlich sehen, wie viele Bäume schaffe ich oder wie viele Pfosten oder was auch immer. Das wäre jetzt ein Tipp.

Natürlich habt ihr auch den Tipp gelesen, dass ihr einfach mal probieren könnt, eure Sportart ohne den Mund auszuführen. Aber was hast du denn für Tipps? Du bist ja hier der Mensch, der sich richtig gut auskennt, nicht ich.

Maarten: Nun also, die Breathholdwalks, wie ich die nenne, sind super sinnvoll. Das kann man überall machen. Es gibt für mich immer zwei Arten Menschen, hab ich gemerkt. Manche möchten ihre Schritte zählen und dann auch wirklich sagen können Jede Woche mache ich fünf Schritte mehr. Für andere funktioniert es in der Tat tatsächlich super zu sagen: ich habe immer einen festen Punkt und dann schaue ich einfach, wie weit ich komme.

Das ist so ein bisschen mehr auf den Körper hören. Es gibt kein richtig oder falsch. Was du dabei machst ist, und das ist in der Tat unglaublich praktisch,  du bringst Leistung, ohne dass dein Körper den gewohnten Sauerstoff bekommt. Bzw., ohne dass dein Körper ausatmen darf, wobei er normalerweise das CO2 loswird. Deine Chemosensoren, Chemorezeptoren sind flexibel, die sind wie eine Art Muskel. Das ist wie etwas, was du übst, wie Liegestütz.

Wenn du das jeden Tag einmal übst, kannst du irgendwann 2 und 3 und 4. Weil Muskeln reagieren. Deine Chemorezeptoren oder Chemosensoren reagieren auch auf immer wieder ein bisschen höheren CO2. Die sitzen um den Tisch und sagen Gut, wir kriegen jetzt immer irgendwie diese Menge ab, dann wird das wohl unsere neue Standart sein. Und das heißt, dass wir bestimmte Prozesse einfacher, besser gestalten sollten. Dein Körper wird dadurch fähiger, flexibler und besser mit CO2.

Was ich gerne als Übung mitgebe ist “das Ventil“. Das kann man Zuhause machen, wenn man gerade nicht irgendwo unterwegs ist, im Sitzen, im Liegen. Du legst dich hin, atmest ganz entspannt ein und aus. Du atmest 100% ein, bis es nicht mehr geht, und 100% aus. Bei jedem fünften Atemzug drehst du den Hahn 5% zu. Das heißt, du gehst auf 95Prozent. Du atmest in der Frequenz nicht unbedingt langsamer. Das heißt, du musst immer mehr deinen Kehlkopf ein bisschen zumachen. Damit halten wir die gleiche Frequenz. Wir nehmen aber immer ein bisschen weniger tiefe Atemzüge. Das kannst du bis 5 prozent bis 10 prozent.

Was sich dabei kreiert, ist dieses Gefühl von air-hunger, wie ich immer gerne beschreibe. Die Luft ist ein Käsekuchen. Du möchtest so einen richtig schönen Bissen davon nehmen, aber du machst es nicht. Aber du hast Lust, eigentlich ein bisschen mehr zu atmen. Das heißt, wir gehen gar nicht in Atemnot, wie das bei den Breathholdwalks schon auch ein bisschen mehr passiert, sondern ganz dezent in diesen Atemhunger, wenn man so möchte. Wenn du bei 5 prozent angekommen bist, dann lässt du danach einfach los und atmest wieder ganz normal weiter.

Für mich ist das auch ein bisschen eine Meditations-Form. Ich merke, dass ich da immer ruhiger werde von innen, je weniger und je langsamer ich atme. Ich mache das gerne in meinen Seminaren. Du kannst ja auch schöne Musik anmachen. Es Muss auch nicht jeder fünfte Atemzug sein, du kannst das nach Gefühl machen. Aber einfach den Hahn immer ein bisschen mehr zudrehen und mal schauen, was passiert. Wie reagiert mein Körper? Was kommt da gerade und wie viel kann ich aushalten? Irgendwann wirst du merken, dass es schwer wird. Das Schöne ist, du kannst immer atmen. Wenn es dir zu schwer wird, nimmst den tiefen Atemzug und dann ist alles wieder gut. Das finde ich für CO-2 Toleranz eine sehr schöne Übung.

Was man immer machen kann ist, das Ein- und Ausatmen zu verlängern. Du kannst Box-Breathing für dich nutzen. Das bedeutet, 4 Sekunden einatmen, 4 Sekunden halten, 4 Sekunden ausatmen und 4 Sekunden halten. Das nennen wir Box Breathing. Das verlängert du jede vierte fünfte Runde um eine Sekunde. Es ist eigentlich das gleiche Prinzip. Du atmest eigentlich immer weniger aus. Darum geht’s vor allem. Und dabei diese Gefühle Air-Hunger ein bisschen ja hervorrufen, sind super effektive Übungen und nicht direkt so schwer fürs System oder für die Psyche manchmal. Das finde ich sehr schöne Übungen.

Nebenbei klebt euch den Mund zu nachts. Beispielsweise mit Kinesiotape, so groß wie eine Briefmarke mitten auf die Lippen. Du kannst dann sogar noch reden. Es gibt viele Fragen von Menschen, die sagen: Ersticke ich dann nicht? Nein. Was ist, wenn ich brechen muss? Das finde ich immer super cool. Dann frage ich mich immer: Wie oft machst du das denn nachts?

Wenn man sich den Mund zu klebt, hast du gerade schon gesagt, atmet man durch die Nase. Dadurch hat man keinen trockenen Mund und wird nicht mehr wach zum Pinkeln gehen. Das hat damit zu tun, dass du tiefer in deinen REM-Schlaf, in deinen Tiefschlaf sozusagen kommst. Die Phasen sind einfacher. Dabei ist CO2 herrlich, der Multiplayer. Der sorgt dafür, dass diese Übergangsphasen einfacher stattfinden. Deine Schlafphasen sozusagen.

Deine Zunge ist nicht der stärkste Muskel im Körper, aber deine Zunge ist eine ein unglaublich starker Muskel im Körper. Wenn dein Körper was raushaben müsste durch den Mund, oder wenn es irgendetwas geben würde, macht dein Körper automatisch folgendes: Er drückt dieses Mini Stückchen Tape weg. Das heißt, es kann sein, dass du aufwachst ohne dieses Tape. Dann hat dein Körper einfach dafür gesorgt und es ist alles gut. Man kann sich aber praktisch ohne Bedenken den Mund zukleben, wenn man das nicht so extrem macht oder wenn man nicht unter extremen Schlafapnoen leidet.

Vivi: Vielleicht kann man das auch einfach vorher ein bisschen tagsüber üben. Einfach mal so mit geschlossendem Mund und dann mal tagsüber mit Tape und sich langsam herantasten. Es gibt ja schon Leute, die quasi so enge Nebenhöhlengänge und sowas haben, dass es tatsächlich Problem wäre vielleicht, wenn man  es so abrupt macht. Aber wenn man so ein kleines Tape macht, so ein ganz kleines Baby Tape, dann bekommt man ja auch noch durch die restlichen Lippen genug Luft.

Maarten: Während E-Mails beantworten sage ich auch in der Tat immer. Fange mal mittags an beim Beantworten von E-Mails, weil wir dabei sehr oft aus Reaktionen auch unseren Mund benutzen und man sich dabei auch bewusst nochmal so aneignet, anders zu reagieren. Atmung reagiert tagsüber bei Emails beantworten oder bei sowas funktioniert auch super.

Vivi: Genau das ist nämlich das Nächste. Es hat natürlich auch eine Auswirkung auf unseren Hormonhaushalt, weil durch den Mund atmen ja unserem Körper signalisiert, wir rennen gerade vor dem Säbelzahntiger weg. Das bedeutet Stress. Wenn wir diesen Stress nicht abbauen, wie bei jedem anderen Stressor in unserem Leben, dann haben wir eben nur diesen hormonellen Auswirkungen davon aber keinen Abbau von Stress.

Maarten: Genau. Der Rhythmus der Atmung aber auch in der Tat ob wir durch den Mund oder unsere Nase ausatmen, erzeugt eine ganz andere elektrische Aktivität in unserem Gehirn. Dazu gibt’s auch wieder eine Studie, ich glaube von der Northwestern University School Feinberg School of Medicine. Es gibt dramatische Unterschiede in der Aktivität in der Amygdala und Hippocampus, die für die Reizverarbeitung und die emotionale Kopplung daran verantwortlich sind. Und davon ist der Rhythmus, und vor allem, ob wir durch unsere Nase oder Mund atmen ein riesen Faktor. Das ist super interessant vor allem auch für Menschen, die mit psychischen Probleme oder tatsächlich Traumata oder solche Sachen zu tun haben. Es ist so viel verbunden mit Atmung, das ist wirklich interessant.

Vivi: Das war ein sehr schönes Schlusswort. Ich glaube, man hat so ein bisschen verstanden, dass es nur ein ganz kleiner Einstieg ist in ein riesengroßes, sehr interessantes Thema. Also wenn ihr einfach unseren Podcast hier als als kleine Inspirationsquelle oder als kleinen Tropfen auf einem riesengroßen, sehr heißen Stein versteht, dann habt ihr verstanden, was wir damit machen wollten. Ich wollte damit quasi einen Door-Opener kreieren für dieses Thema, weil es eben doch sehr unbekannt ist.

Das heißt, nehmt unsere Ideen und vor allem auch Martins Expertise als Anfang der Inspiration und nicht als “Das war’s jetzt”.

Wenn euch mir dazu interessiert, dann informiert euch. Ich glaube, das kann nur positiv zu eurem Leben beitragen. Ich danke dir, Martin, dass du deine Zeit und Expertise mit mir geteilt hast. Und natürlich auch mit allen, die das lesen. Ja, vielen, vielen Dank.

Ich habe zu danken. Es war ein sehr schönes, teilweise nerdiges, teilweise euphorisches Gespräch. I love it. Ich liebe solche Sachen. Sehr schön.

Ich hoffe, das Interview hat dir gefallen und dir mehr Verständnis über das Thema Atmung und CO2-Toleranz gebracht. Wenn du mehr über Maarten erfahren möchtest, findest du einige Infos weiter unten und auf seiner Website.

Hast du noch Fragen? Dann schreibe sie in die Kommentare. Folge mir auch gerne auf Instagram, um noch mehr Tipps und Tricks für deine Gesundheit zu bekommen.

Viele Grüße an die Füße,
Vivi

 

Mehr über Maarten: Maartensmind

“Ich musste den ganzen Weg nach Polen gehen, in einen eiskalten Fluss springen und in einem eisigen Sturm in Shorts auf einen Berg laufen, um herauszufinden, dass ich aufhören musste, meine Gefühle zu ignorieren.” 

Davor hatte ich ein Leben lang Depressionen und Schmerzen zu ertragen.

Als sehr energiegeladenes, aber sensibles Kind hatte ich bald meinen Weg im Sport gefunden. Es fing mit Turnen an, dann Basketball und später Taekwondo, mit dem ich in der National- und Olympiamannschaft trainierte.

In keinem dieser Teams war allerdings Platz für Fragen oder Gefühle. Also habe ich sie ausgeblendet und nur Leistung gebracht.

Später, als ich den Sport aufgab, um Musik zu studieren, war die gleiche Dynamik vorhanden. Einfach performen, keine Gefühle, keine Fragen.

Bis zu dem Punkt, an dem ich versuchte, mein Leben zu beenden, habe ich das Spiel gespielt, das Spiel, das man ‘sich anzupassen’ nennt. Ich glaubte dass wenn man das macht, was alle anderen tun, man am Ende nicht verletzt wird.

Nichts ist weiter von der Wahrheit entfernt. Das habe ich gelernt, als ich mich befreit habe und einen Weg eingeschlagen bin, der zu meiner neuen Identität führt, als Mensch,  mit alles was dazu gehört’.

“In meinen Workshops als Breathing and Performance Coach, kommen viele Menschen, um besser atmen zu lernen, und irgendwo auf dem Weg dorthin finden wir viel tiefere verborgene Probleme.

Es fühlt sich an, als ob viele Menschen es nicht mehr wirklich wagen, menschlich zu sein. Ein Mensch mit all seinen Eigenschaften. mit all seinen Emotionen; wir spüren Aggressionen, wir schämen uns, das ist alles völlig normal. Dennoch versuchen wir, diesem unmenschlichen Bild gerecht zu werden, das wir schaffen und unterstützen, allen voran durch die sozialen Medien.
Ich liebe die Tatsache, dass die meisten Menschen ihre wahren Gefühle finden, wenn man hyperventiliert, langsam atmet oder in ein Eisbad tritt, wenn man 7 Meter hoch am Himmel an einer Klippe hängt oder einfach in einen Flow gerät und vergisst, wer und wo man ist. Und da wird es sehr spannend.”

Maarten arbeitet als ‘Body Based Therapeut’ und ist ein Kampfkünstler, Musik Produzent, Oxygen Advantage Instructor und Großer Fan der Kälte. Als Speaker bricht er durch ganz Europa das Tabu auf psychische Probleme, spricht über Emotionen und verbindet sich wieder mit seinen Mitmenschen. In diesem Jahr hat Maarten sein Buch #hackingmydepression fertiggestellt, das derzeit zur Veröffentlichung vorbereitet wird.

 

Diese Artikel könnten auch interessant für dich sein:

3 Kommentare

  1. Ich habe Probleme mit meiner Nasenatmung. Auch mir ist bekannt geworden, dass es besser ist durch die Nase, statt durch den Mund zu atmen. Ich werde mal zu einem HNO-Arzt gehen.

    Antworten
  2. Wow! Super interessanter Artikel! Ich habe schon das Buch “Erfolgsfaktor Sauerstoff” gelesen und werde jetzt endlich mal in die Umsetzung kommen mit den Übungen. Ich glaube, meine CO2-Toleranz ist unwahrscheinlich niedrig.

    Das sollte man auf den ersten Blick nicht meinen, weil ich beim Laufen doch recht gute Erfolge erziele. Aber ich glaube, mit der richtigen Atmung ist da noch so viel mehr und vor allen Dingen leichter möglich. Danke für die Tipps!

    Antworten
    • Hej Jennifer,
      viel Erfolg bei der Umsetzung und Danke für deine Wertschätzung!
      Liebe Grüße an die Füße, Danny – Physiocoach Team Vivian Gläsel

      Antworten

Einen Kommentar abschicken

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Pin It on Pinterest

Share This