Yoga und Asanas Interview Vienna Kinstretch
Yoga und Asanas Interview Vienna Kinstretch

Geschrieben von Vivian Gläsel

Ich bin Physiotherapeutin seit 2014 und Gründerin von "Funktionelle Fußtherapie Vivian Gläsel". Ich bin Physio, Fußcoachin & Dozentin aus Leidenschaft und helfe Menschen, die Probleme mit ihren Füßen haben, zu einem aktiven und schmerzfreien Leben - ganz ohne Operation.
27. April 2021

Yoga, Asanas und falscher Ehrgeiz: Julia und Maria von Vienna Kinstretch

Im Interview sind heute Julia und Maria von Vienna Kinstretch. Die beiden bieten Fitnesstraining an, das den Körper und das Wohlbefinden verbessert. Hier stehen keine coolen Posen im Vordergrund, sondern die körperliche Gesundheit! Ich freue mich sehr auf das Gespräch. Es wird unter anderem darum gehen, warum die Beiden keine bedingungslosen Yogafans mehr sind (obwohl sie beide Yogalehrerinnen sind), wie sinnvoll Asanas sind und vieles mehr. Ich bin sehr gespannt, was die beiden uns erzählen wollen.

 

Vivi: “Stellt euch doch erstmal kurz vor. Julia, magst du anfangen und dich vorstellen?”

Julia: “Ja, mein Name ist Julia. Maria und ich bezeichnen uns gerne als “Gelenkspezialistinnen”. Wir machen Fitnesstraining, aber schlaues Fitnesstraining. Das bedeutet, Fitnesstraining, das den Körper tatsächlich verbessert und bei dem man sich hinterher besser fühlt. Das ist kein Fitnesstraining bei dem es darum geht, irgendwelche coolen Posen zu machen oder möglichst sexy auszusehen im Fitnessstudio. Genau das ist das, was wir so machen. Wir sind in Wien, in Österreich.”

Maria: “Mein Name ist Maria. Ich kann nur alles wiederholen, was Julia gerade gesagt hat. Wir sind Gelenkspezialistinnen oder auch Bewegungsspezialistinnen. Was wir hauptsächlich machen, ist, Menschen zu helfen, sich besser zu bewegen, sodass sie die Dinge, die sie tun müssen in ihrem Alltag und die Dinge, die sie tun wollen, besser und nachhaltiger tun können. Sodass hinterher nichts wehtut und sodass man bis ins hohe Alter gut aktiv sein kann. Was wir unterrichten, kann man als sehr grundlegend bezeichnen. Es ist nichts, was von außen besonders imposant aussieht.”

Vivi: “Ich glaube, das ist schon mal ein erster guter Punkt.
Es geht ja nicht darum, dass alles, was man tut im Leben oder was man als Sport bezeichnet, immer komplett anstrengend ist und einen zum Schwitzen bringt und man einen riesigen Muskelkater hat. 

Für mich geht es eher darum, die Qualität der Bewegung zu verbessern und vielleicht auch die Bewegungsvarianz zu erhöhen. In meinem Alltag mache ich nicht ganz so viel von diesen unterschiedlichen und qualitativ hochwertigen Bewegungen. Daher schaue ich immer, was ich in mein Warmup integrieren kann oder wie ich meinem Körper zeigen kann, wie ich mich noch bewegen kann. 

Ich bin hauptsächlich in der Barfuß- oder Unterkörper-Sparte unterwegs. Es gibt aber ganz viele Gelenke im Körper. Für mich macht es total Sinn, das spezifischer anzuschauen. Gerade weil wir ein Leben haben, das relativ linear passiert. Es werden wenige einbeinige Sachen trainiert. Oft geht alles parallel, immer das gleiche Gewicht rechts und links und so weiter. 

Das Leben ist eigentlich total abwechslungsreich. Deshalb sollten wir auch unser Training abwechslungsreich gestalten, damit wir unseren Körper auf das vorbereiten, was an Belastung ankommt. Ich weiß, dass ihr früher Yogalehrerinnen wart. Warum seid ihr denn keine bedingungslosen Yoga-Fans mehr bzw. was kann man am Yoga vielleicht neu denken?”

Julia: “Ich finde, was vielleicht das Wichtigste ist, was man beim Yoga neu denken sollte und wo Maria und ich unsere große “Bewegungs-erleuchtung” sozusagen hatten, war der Punkt, als wir realisierten, dass uns die Yoga Posen, die Asanas, nicht wirklich helfen, uns effizienter im Alltag zu bewegen. Sondern dass die Asanas in sich ganz spezifische Anforderungen an den Körper stellen.

Es ist nichts falsch daran, wenn einem diese Posen Spaß machen und man sie gerne praktiziert. Wenn man sagt: Ich möchte mich gerne auf diese Posen vorbereiten, weil ich sie elegant oder schön finde, oder weil ich mich gerne in ihnen bewege. Das ist alles total okay. Aber ich habe das Gefühl, Yoga wird bei uns oft verwechselt mit “das ist dein Basis-Training und wenn du diese Yoga Basis hast, wird dir alles andere im Leben leichter fallen”.

Das ist vielleicht der Punkt bei dem ich gerne hätte, dass die Yoga-Szene ein bißchen neuer denkt und erkennt, dass ihre Posen, ihre Asanas hoch spezifisch sind und dass das keine Basis ist. So wie Maria und ich das unterrichten.”

Vivi: “Ich denke, vor allem Yoga hat sich extrem verbreitet in den letzten 10, 15, 20 Jahren und ist nicht mehr ganz so, wie es vielleicht ursprünglich mal gedacht war. Es ist mittlerweile mehr ein Sport geworden. Das Thema Kompetenz für den eigenen Körper ist extrem weit weggerückt von den Menschen, würde ich jetzt mal so behaupten. 

Als Physiotherapeutin und Coach habe ich beobachtet, dass einige erwachsene Menschen z.B. nicht auf einem Bein stehen können und dass es Menschen gibt, die wirklich Basic-Übungen nicht hinbekommen, weil es ihnen an Körpergefühl und Körperkontrolle fehlt. Vielleicht fühlen sich einige Menschen im Yoga aufgehoben, weil es nicht superschnell und super athletisch ist. 

Ich finde es trotzdem super wichtig, darüber zu sprechen, was daran vielleicht für jede einzelne Person verbessert werden kann. Maria, magst du vielleicht noch etwas dazu sagen?”

Maria: “Ja, nochmal zu dem Punkt den Julia angesprochen hat bezüglich unserer Realisierung. Unabhängig von der Lehrer-Perspektive, sondern als Übende selbst, ist uns das bewusst geworden – oder ich spreche jetzt mal für mich:
Mir ist bewusst geworden, was wirklich meine Prioritäten sind. Ich habe wirklich lange Yoga sehr sportlich vielleicht betrieben. Also auch schon an sehr bestimmten Positionen gearbeitet, wirklich über Jahre. Sowas wie Schulterstand, oder Handstand, Armbalancen oder extreme Rückbeugen. Im Laufe dieser Jahre, wenn man wirklich tief in etwas drinnen ist, verliert man manchmal den Blick aufs große Ganze.

Irgendwann hatte ich diese Realisierungen: Was ist mir eigentlich wichtig? Mir ist wichtig, dass ich mit 90 Jahren selbstständig bin, alleine auf die Toilette gehen, meine Einkäufe nach Hause tragen und lange spazieren gehen kann. Darüber habe ich lange nicht nachgedacht.

Es war bei mir erst so, als ich meine Eltern oder auch Verwandte altern gesehen habe. Durch die Probleme, mit denen sie konfrontiert waren, habe ich begonnen zu hinterfragen, was tue ich da eigentlich die ganze Zeit? Ich habe viel geübt, was tue ich 2-3 Stunden am Tag mit meiner Zeit? Bringt mich das, was ich so viel tue, eigentlich näher dazu, dass ich diese Probleme – die ich bei den älteren Personen meiner Familie beobachte – dass ich denen vorbeuge? Die Antwort war nein. Also ein klarer Wendepunkt für mich.”

Vivi: “Maria, magst du mir eine Asana nennen, die du gar nicht gut findest bzw. die du vielleicht früher unterrichtet hast und die du jetzt nicht mehr so unterrichten oder praktizieren würdest?”

Maria: “Ich übe selber kein Yoga mehr, muss man dazu sagen und unterrichte auch kein Yoga. Aber dennoch bin ich nicht der Meinung, dass irgendeine Yoga-Position oder generell irgendeine Übung oder Bewegung intrinsisch, an sich schlecht ist. Das glaube ich nicht.

Ich glaube einfach, dass jede Bewegung, jede Übung, jede Position, was auch immer, gewisse Voraussetzungen mit sich bringt. Was die Gelenke betrifft, was die Körperwahrnehmung betrifft, was die Resilienz oder die Fähigkeit von Gewebe Ladung zu absorbieren betrifft. Wenn ich diese Voraussetzungen erfülle für diese jeweilige Position oder Übung oder was auch immer, ist ja nichts dran, das zu machen.”

Vivi: “Ich glaube, da sind wir schon bei der Grundsatzaussage von jedem etwas besseren Coach oder Therapeut:in: Es kommt einfach darauf an, was du für eine Hardware mitbringst.”

Maria: “Genau und was dein Ziel ist. Sagen wir, ich habe alle Voraussetzungen um Trikonasana gut zu machen und mein Ziel ist es, meinen Rücken zu verbessern. Nur weil ich die Voraussetzungen habe, irgendwas zu machen, heißt das ja nicht, dass das Ziel, was ich verfolge, mit diesem Mittel eigentlich zu verfolgen ist.”

Julia: “Ich glaube,was ich dazu gern ergänzen würde, ist, weil es für mich so schwierig zu verstehen war:
Ich war immer der Meinung wenn ich einen Handstand oder ein Trikonasana kann, dann bedeutet das automatisch, dass ich ein Upgrade in meiner Hardware bekomme. Also das bedeutet dann automatisch, dass mein Rücken besser funktioniert. Oder wenn mein Kopfstand gerader ist oder mit Schulterstand schöner ausgerichtet ist, dann bedeutet das automatisch, dass ich mich als Mensch effizienter bewege.

Das quasi zu trennen und zu sagen, dass eine ist ein hoch spezifischer Skill, den ich ausführen kann, wie die Maria sagt. Vielleicht habe ich die Voraussetzungen, vielleicht aber auch nicht. Und das andere ist die Basis, über die wir reden.

Und die Basis ist bei Maria und mir: Kann ich gehen und kann ich atmen? Die werden nicht durch Trikonasana oder Schulterstand oder Handstand verbessert. Deswegen fühle ich mich vielleicht auch nicht unbedingt so, als würde ich ein Hardware-Upgrade bekommen, nur weil ich die Pose besonders schön oder besonders symmetrisch ausführen kann.”

Maria: “Was ich noch gern hinzufügen möchte, ist, dass wir lange nicht verstanden haben, dass man so etwas objektiv evaluieren kann. Wie gut eine gewisse Hardware ist. Ich glaube in der Yoga-Welt generell, zumindest in den Bubbles, in denen ich mich bewegt habe, ging alles immer viel um Gefühl. Wie fühlt sich das an?

Aber es gab keine objektiven Mittel, um etwas zu messen. Das ist, glaube ich so, dass die erste große Erkenntnis, die wir hatten, als wir begonnen haben, außerhalb der Yoga Welt zu studieren: Dass du objektive Maßstäbe brauchst.”

Vivi: “Ich liebe ja den Spruch “Asses don’t guess”. Auf Deutsch übersetzt: Mache einen Befund, ansonsten rätst du sozusagen. Ich finde auch, eines der geilsten Sachen sind Vorher-Nachher-Tests. Warum sollte man das nicht machen? Es ist einfach so nice, wenn du genau weißt, ob es etwas oder nichts gebracht hat.”

Maria: “Ich glaube, es ist generell ein großes Thema, dass einfach viel nicht verstanden wird und wir auch selber lange nicht verstanden haben, dass man zu jemandem gehen muss, der dazu ausgebildet ist, anstatt zu versuchen, sich im Internet irgendwelche Antworten zusammen zu stückeln.”

Vivi: “Was macht ihr in eurem Business? Womit genau helft ihr Menschen?”

Maria: “Wir haben einerseits eine virtuelle Gruppentrainings-Membership und wir haben Privatklient:innen, mit denen wir 1:1 virtuell oder in Person arbeiten. Früher hieß die Membership “Vienna Kinstretch Membership”. Heute heißt sie nur noch “The Membership”. Zu dem Warum kommen wir später.

Unsere Tagline ist: “Fitness that builds you up and doesn’t break you down”. Es geht im Prinzip darum, Menschen Wissen und Skills zu vermitteln, Bewegungskompetenz zu übermitteln und den eigenen Körper besser zu verstehen. Damit sie so trainieren können, dass sie sich schmerzfrei bewegen können.”

Julia: “Auch ein möglichst schlaues Gruppentraining anzubieten. Weil Gruppentraining ist ziemlich schwierig. Also Gruppentraining, das vielen Menschen weiterhilft und sie nicht schlechter macht als sie sind, bevor sie zu uns kommen. Unser großes Credo ist, dass möglichst jeder und jede, die in unsere Gruppenklasse kommt, danach besser wieder rausgeht.”

Maria: “Ich glaube, ein großer Punkt ist wirklich, das Lernen und das Verstehen. Also nicht nur irgendwelche Übungen nachzumachen, die wir vormachen, sondern auch den Menschen ein wirkliches Verständnis zu vermitteln.

Wenn ich sehr ambitioniert über die Membership nachdenke, dann denke ich, mein Ziel ist, dass wenn jemand ein Jahr in der Membership bei uns war – auch wenn das irgendwie einfach nur eine unter Anführungszeichen “normale Person” ist, die beruflich nichts mit Bewegung zu tun hat – nach einem Jahr mehr weiß, als der durchschnittliche Trainer.”

Vivi: “Oh, das ist aber ambitioniert. I love it! Julia, erzähl doch mal was über eure 1:1 Klient:innen.”

Julia: “Gerne. Sie kommen zu uns aus verschiedenen Gründen. Einerseits, wenn das Gruppentraining nicht die richtige Antwort oder nicht genug ist.

Manche dieser Klient:innen kriegen Lust auf mehr und möchten das Training ganz genau auf den eigenen Körper spezialisiert ausüben und erfahren. Wir arbeiten auch mit anderen Zielgruppen, die sich z.B. im Gruppentraining nicht so wohlfühlen. Das können Menschen sein, die sehr viel älter sind, bei denen es eher darum geht dass sie sicher gehen und nicht umfallen. Wir haben wirklich alle Altersstufen und alle Arten von Bewegungskompetenzen. Von Leuten, die mit ihrem Körper als Profisportler Geld verdienen, bis hin zu einer Omi, die  sich sagt: “Das Leben ist mit Mitte 70 nicht vorbei heutzutage, ich will jetzt nochmal wissen, wie gut sich mein Körper eigentlich anfühlen kann”.

Das ist genau der Prozess, den wir vorher beschrieben haben mit “asses don’t guess”. Die Klient:innen kommen zu uns, dann gibt es ein Assessment. Aufgrund von diesem Assessment werden Übungen ausgewählt. Es gibt auch Hausübungen. Die sind immer ganz im Vordergrund. Wir wünschen uns Menschen, die sehr viel Hausübungen machen, weil wir einfach sehen, je mehr die Person zu Hause selber macht, desto größer ist der Erfolg.

Man hat immer die Vorstellung, man muss die richtige Therapeutin finden oder den richtigen Trainer finden und dann geht man dort einmal hin oder dann geht man dort 5 mal hin und alles ist geheilt. Es ist super wichtig, dass man coolen Input von der Therapeutin, von der Physiotherapeutin oder vom Trainer bekommt. Aber viel wichtiger als diese eine Stunde im Monat, die man mit dieser Person verbringt, ist: was mache ich eigentlich 24 Stunden am Tag? Kümmere ich mich um meinen Körper?

Da gibt’s am Anfang bei vielen Menschen immer so eine Art Skill-Building, wo es einfach darum geht, zu lernen, dass man seine Hausübungen täglich oder jeden zweiten Tag macht und auch versteht, warum das wichtig ist. Meistens, wenn die ersten Erfolge eintrudeln, was man ja quasi mit dem Assessment – mit dem Evaluieren – ganz schön auch messen kann, fällt der Groschen, warum diese Übungen Zuhause so wichtig sind.

Deswegen ist es wichtig, dass man sich zu Hause noch viel mehr um den eigenen Körper kümmert, als in dieser einen Stunde, die wir im Training damit verbringen. Das ist, was wir in den 1:1 machen.”

Vivi: “Ich kann die Membership auf jeden Fall bedingungslos empfehlen. Ich war letztes Jahr von Dezember bis Ende Februar dabei und es ist wirklich ein großartiges Angebot. Echt echt super. Und eben so, dass ich jetzt sage, ich will noch mehr, ich will es noch spezifischer und ich will meine eigenen personalisierten Hausübungen haben. Deshalb bin ich auch wieder auf dem Weg in die Membership.”

Julia: “Wir durften auch schon die ersten Members aus Vivis Barfuß Powerkurs in unserer Membership willkommen heißen und freuen uns sehr darüber!”

Vivi: “Menschen, die schon bei mir in den Kursen waren, sind hochmotiviert und haben schon begriffen, dass es sie selbst sind, die ihre Gesundheit verbessern können. Dass es niemand anderes sein wird und dass es auch nicht unbedingt arg viel hilft, wenn man diesen Schein vom Arzt oder der Ärztin bringt und irgendwo hingibt und sagt: “Ah, hier einmal Massage  bitte”. Davon wird sich nachhaltig nichts ändern. 

Julia, du hast vorhin erwähnt, ihr kümmert euch um die Basics. Die Basics würdest du runterbrechen als gehen und atmen. Magst du zum Thema Gehen noch was sagen?”

Julia: “Ich glaube, wir haben es vorher schon ganz kurz angesprochen. Als wir darüber geredet haben, dass wir dem ich sage mal dazu klassischem Fitnesstraining, also Fitnesstraining, das vielleicht inspiriert ist vom Bodybuilding, vom Weight Lifting, sehr viele symmetrische Übungen hat. Wir haben sehr viele Übungen, wo ich mit beiden Armen gleichzeitig etwas mache, oder mit beiden Beinen gleichzeitig etwas mache. Wenn man darüber nachdenkt, was unsere Basis als Mensch ist, was ist eigentlich wirklich das, womit wir auf die Welt kommen? Dann lernen wir, okay, wir müssen atmen.

Ein anderer Punkt ist – die meisten von uns – also wirklich fast alle, lernen Gehen. Selbst die Menschen, die nicht gehen können, haben einen Körper, der asymmetrisch und für diese alternierende Bewegung aufgebaut ist. Macht es dann nicht Sinn in diesem Mindset zu trainieren? Zu sagen, es gibt mehr Übungen, bei denen ich zwischen linker und rechter Seite wechsle.

Vielleicht auch was ich vorher kurz angesprochen habe, mit der Asymmetrie: Welches Bein verwende ich lieber als Standbein, welches Bein verwende ich lieber als schwingendes Bein? Trainiere ich deshalb die linke und die rechte Seite ein bisschen unterschiedlich voneinander? Das ist ganz spannend.

Es ist auch ein großes Thema bei uns in der Membership, aber auch im Einzeltraining, dass wir unsere Übungen mit diesem Mindset aufbauen. Es gibt auch symmetrische Übungen bei uns, wo wir beide Arme, beide Beine gleichzeitig trainieren. Aber oft sind es Übungen, wo wir ein Konzept vermitteln.

Und dann, wenn das Konzept vermittelt ist, gehen wir einen Schritt weiter und behandeln die linke und die rechte Seite ein bisschen unterschiedlich voneinander bzw. wie in unser Lieblingsübung mit Splitsquats Ausfallschritt, geht’s immer darum, die linke oder rechte Seite getrennt voneinander zu laden.”

Vivi: “Ja, ich möchte noch ganz kurz als Fan der kindlichen Bewegungsentwicklung sagen, dass auch das Gehen an sich nicht bei jeder Person fehlerfrei vonstatten geht. Weil es mittlerweile sehr viele Störfaktoren gibt, die ein gesundes Kind an der gesunden Bewegungsentwicklung stören. 

Man hat vermutlich in seiner Kindheit mindestens einen Störfaktor gehabt. Das ist ganz normal, niemand ist symmetrisch von Haus aus. Aber es lohnt sich auf jeden Fall, wenn man sich dafür interessiert, ein bisschen genauer hinzugucken. 

Maria, magst du noch was zum Thema Basic Atmung sagen? Wenn ihr die Basics Gehen und Atmen unterrichtet, würdest du sagen, jeder Mensch kann zu hundert Prozent gut, effektiv und gesund atmen?”

Maria: “Also wo fangen wir an? Atmen ist wichtig. Wir machen es 20, 25, 27.000 Mal am Tag. Wenn wir etwas so oft machen, zahlt es sich aus, sich genauer damit auseinander zu setzen, wie man das macht. Wenn man aus der Yoga-Welt kommt, wie Julia und ich, hat man meistens dieses Verständnis von es geht immer darum vorne aufzumachen und unser Fokus ist immer auf tief viel einatmen.

Das Problem, das wir beide lange hatten und die meisten Menschen, mit denen wir arbeiten haben, ist, dass man beim Yoga häufig in einer Position endet, bei der der untere Bereich des Brustkorbs nach vorne flared. Das Zwerchfell sollte sich eigentlich wie ein Fallschirm mit der Ausatmung nach oben bewegen, und mit der Einatmung nach unten.

Wenn wir von Zwerchfellatmung reden, dann reden wir eigentlich davon, dass das Zwerchfell das tun sollte. Das Problem ist, wenn ich mit meiner unteren Brustwirbelsäule/ obere Lendenwirbelsäule in Extension stecke, dann steckt mein Zwerchfell in dieser flachen Einatmungsposition.

Das ist die Position, in der das Zwerchfell sein sollte, wenn ich einatme. Es kommt dann aber nicht zurück in diese andere Position. Und was wir beide sehr lange lernen mussten – das hat ziemlich lange gedauert – ist, den Brustkorb zu re-positionieren und das Zwerchfell zu re-positionieren, sodass wir wirklich tatsächlichen Zugang haben zur Zwerchfellatmung.”

Vivi: “Ich möchte noch ganz kurz für alle nicht Mediziner oder nicht englisch sprechenden Menschen anmerken: Was du meintest mit “dass die Rippen geflared sind”, ist, dass der untere Rippenbogen quasi unterhalb der Brust, dass der nach oben aussen geht, wie eine Glocke. 

Was auch viele Menschen haben, was damit denke ich auch in Kombination liegt, z.B. auch bei mir, ist, dass der vordere Muskelbereich am Bauch nicht tatsächlich eine aktive Anbindung hat an den unteren Rippenbogen. Das es demnach kein Team ist, sondern es wie zwei verschiedene Fußballteams sind, die gegeneinander spielen. Ziel ist natürlich, dass die Atmung sehr effektiv wird.”

Julia: “Ja genau. Und es gibt zwei Gedankenmodelle, die mir sehr oft zur Bauchmuskulatur begegnen. Das eine ist: die Bauchmuskulatur ist da, um sexy auszusehen. Man braucht ein Sixpack, dann hat man gute Bauchmuskulatur.

Das andere Modell ist, die Bauchmuskulatur ist da, um den Bewegungen von der Wirbelsäule zu widerstehen. Das sind oft die einzelnen Gedankenmodelle, die ich zu diesem Thema sehe.

Was wir nie hören, und was ich so krass fand, als Maria und ich das herausgefunden haben, ist: Die erste Funktion von deiner Bauchmuskulatur ist, die Atmung zu unterstützen. Also dass die seitliche Bauchmuskulatur bei der Ausatmung hilft, die Rippen in diese Position zu bringen, bei der das Zwerchfell tatsächlich parallel mit dem Beckenboden ist, und die, wie du schon sagtest, ein Team sein können.”

Maria: “Generell dieser grundlegende Gedanke, dass Core-Stabilität vorwiegend mit Atmung zu tun hat. Ich glaube, das ist es, was viel zu wenig verstanden wird und was wir auch lange nicht verstanden haben.”

Vivi: “Ich finde das mega, weil z.B. wer kennt es nicht, es wird gesagt: “Spanne deinen Bauch an, um deinen Rücken zu stabilisieren oder zu schützen”. Das erinnert mich einfach so an 90er Jahre Sport Video mit bunten Leggins. Was würdet ihr sagen, ist an dieser Aussage problematisch?”

Die Antwort darauf und noch weitere spannende Themen erwarten dich in der Fortsetzung des Artikels nächste Woche! Wenn du Fragen hast, schreibe sie gerne in die Kommentare. Alle Infos zu Julia und Maria findest du auf ihren Websiten. Folge mir gerne auf Instagram, um noch mehr Tipps und Tricks für deine Gesundheit zu bekommen. Ich freue mich auf dich!

Grüße an die Füße,
Vivi Barfuß

 

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